Viele Entscheidungen gründen häufig auf erlebten Erfahrungen. Das Ereignis auf dem ANT!PROFI gründet, ist ein Motorradunfall von Mirco im Jahr 2019. Er kam damals mit seiner Yamaha RN19 bei einer Tour mit Freunden von der Straße ab und brach sich sowohl drei Brustwirbel, als auch die rechte Hüfte. Die größeren Verletzungen waren der Trümmerbruch in der linken Schulter und der ausgekugelte, rechte Unterarm, wobei leider auch Sehnen und Bänder sowie der Bizepsmuskel vom Ellenbogengelenk abgelöst wurden. Dass er ansonsten viele Prellungen und blaue Flecken hatte, muss ja wahrscheinlich nicht noch extra erwähnt werden.
An den Unfallablauf kann Mirco sich bis heute nicht erinnern, sein erstes Aufwachen im Krankenhaus, ist dafür umso deutlicher. Durch die besagten Verletzungen und entsprechende Schmerzmittel konnte er kaum etwas spüren, weshalb er sehr schnell Panik bekam und nach und nach versuchte zumindest die Finger und Zehen zu bewegen, was glücklicherweise klappte.
Die Zeit im Krankenhaus war für jemanden wie Mirco, der grundsätzlich Hummeln im Hintern hat, nicht sehr einfach. Auch die Tatsache, dass er 24 Stunden auf andere Menschen angewiesen war, machte die Sache nicht unbedingt leichter. Durch die Schwellungen in den Armen konnte er diese nicht bewegen und auch der Kreislauf kam leider nur nach mehreren Anschüben von den Ärzten wieder so richtig in Gang. Er benötigte also für die noch so kleinste Sache entweder das Krankenhauspersonal oder seine Familie.
Die Eigenständigkeit kam langsam wieder, als Mirco in den Rollstuhl durfte. Nach dem anfänglichen Schieben wollte er sich unbedingt alleine fortbewegen. Da die Arme noch immer nicht so mitspielten, nutze er seine Füße und `lief` im Rollstuhl. Solange kein Gewicht auf die Hüfte ausgeübt wurde, stand dem Ganzen nichts im Weg und Mirco nutze seine neu gefundene Freiheit.
Auch die Physiotherapie tat ihr Bestes und ermöglichte Mirco immer mehr Kontrolle über seinen Körper zurück. Für den ersten Teil der Reha wurde Mirco nochmal verlegt und durfte sich nach fünf Wochen das erste Mal wieder hinstellen. Etwas so selbstverständliches wie Gehen wieder zu erlernen, erforderte wieder sehr viel Geduld, Kondition und Vertrauen. Auch wenn er nun wieder eigenständiger wurde, verpasste er die Hochzeit seiner kleinen Schwester. Ein Ereignis, was nicht mehr nachgeholt werden kann.
Trotz all den Schmerzen und Rückschlägen, oder vielleicht auch gerade genau deswegen, stand ziemlich schnell fest, dass es ein nächstes Motorrad geben wird. Die Motivation irgendwann wieder selber bestimmen zu können und sich selbst zu zeigen, dass man trotzdem alles erreichen kann, wurde immer größer.
Jetzt wurde alles an Energie in die Reha gesetzt, um möglichst bald wieder in die alte Form zu kommen. Auch der Besuch in Oschersleben erhöhte die Motivation erneut. Da er hier eigentlich das erste Mal gefahren wäre, war das Ziel für das kommende Jahr gesetzt – Oschersleben musste im nächsten Jahr gefahren werden.
So fand Mirco sich auf der Rückfahrt im Auto wieder, während er nach neuen Motorradklamotten suchte. Einige seiner alten Sachen wurden doch sehr in Mitleidenschaft gezogen. Als erstes zog neben dem Helm auch wieder eine Airbag-Weste ein, die Mirco während des Unfalls sehr geholfen hat. Das neue Motorrad ließ auch nicht lange auf sich warten und so zog eine Suzuki GSXR 1000 K7 ein. Nachdem einige Sachen optimiert und angepasst wurden, war alles so weit auf die Rennstrecke zu fahren, es musste nur noch der Termin kommen.
Mitten in den ganzen Umbauten kam auch der Begriff ANT!POFI das erste Mal auf. Während Mirco mit seiner Frau in der Küche stand und die üblichen Floskeln, wie „Ich bin halt ein Profi“ nannte, folgte als Konter, mit der Anspielung auf die durchgestandenen Ereignisse des Jahres, die Antwort „Wohl doch eher ein ANTPROFI“. Dieser Ausdruck stand sehr lange am Whiteboard in der Küche, bis er schließlich seinen Platz auf der Schwinge der Suzuki fand.
Es ging also zur Rennstrecke. Das erste Mal wieder auf dem Motorrad sitzen. Die Nervosität war immens und die Planung nach den ersten fünf Minuten hinfällig. Trotzdem saß Mirco am folgenden Tag auf dem Motorrad und fuhr los. Die 15 Minuten Warmup waren gefühlt eher ein warm schieben. Von „Wie schaltet man eigentlich so ein Motorrad“ und „Wo muss ich hier eigentlich hin“ bis zu „Was zur Hölle tu ich hier eigentlich“ war so ziemlich alles dabei.
Aber die ersten Runden auf der Rennstrecke – und auf dem Motorrad – waren geschafft. Dabei war es vollkommen egal, wie langsam oder schnell Mirco gefahren ist. Die Tatsache, dass er es überhaupt wieder aufs Motorrad geschafft hat und an sich geglaubt hat, waren so viel mehr wert.
Die Rückfahrt nach dem Wochenende wurde zum Reflektieren genutzt. Einerseits natürlich von dem Wochenende, andererseits aber auch von der ganzen Zeit seit dem Unfall.
Man wurde häufig komisch angeschaut, wenn es hieß, dass das nächste Motorrad wieder in den Startlöchern steht. Auch die Tatsache, dass auf der Rennstrecke häufig nur die Zeiten ein wichtiger Punkt sind und viel weniger über die Meilensteine der jeweiligen Fahrer gesprochen wird, hemmt viele Fahrer*innen den Schritt in Richtung Rennstrecke zugehen. Zu der Zeit geisterten den beiden viele Gedanken im Kopf rum, die sie gerne ändern würden. Sie wussten nicht genau, wie sie das Ganze angehen. Allerdings wussten sie, dass sich etwas ändern muss. Der Sport sollte wieder eine Freude für alle sein. Es sollte nicht zählen, wer den längsten und coolsten Wheelie kann, sondern die Geschichte eines jeden sollte im Vordergrund stehen. Man sollte sich unterstützen, motivieren und sich gegenseitig jede Frage stellen können. Das ist so ungefähr der Plan, aus dem ANT!PROFI entstand und ihn (hoffentlich) noch wachsen lässt.